Fakultät für Biologie - Fachdidaktik Biologie

Forensische Entomologie

Forensische Entomologie im Klassenzimmer - Konzeption einer Unterrichtseinheit für die 8.Klasse am Gymnasium

Autorin: Yvonne Erbacher
Betreuerin: Dr. Sabine Gerstner

Eine Frau wird ermordet in ihrer Wohnung aufgefunden. Den beiden Hauptverdächtigen ist nichts nachzuweisen. Aufgrund der unbekannten Tatzeit steht die Polizei vor einem Rätsel.

Die Kenntnis des Todeszeitpunktes trägt, gerade bei Tötungsdelikten, wesentlich zur Tatrekonstruktion bei und kann zur Be- oder Entlastung von Verdächtigen führen. In den ersten 24 – 48 Stunden nach Todeseintritt können Rechtsmediziner den Todeszeitpunkt sehr genau eingrenzen. Liegt dieser allerdings länger zurück, wie im Fall der toten Frau, stößt die Rechtsmedizin schon bald an ihre Grenzen – die forensische Entomologie („gerichtliche Insektenkunde“) kommt ins Spiel. Rund 48 Stunden nach Todeseintritt wird sie, unter Zuhilfenahme der leichenbesiedelnden Insekten, zum wertvollsten naturwissenschaftlichen Hilfsmittel für die Einschätzung des Todeszeitpunktes (Amendt, 2007; Grassberger & Schmid, 2009).

In der Unterrichtseinheit Forensische Entomologie, die im Rahmen dieser schriftlichen Hausarbeit für die 8. Jahrgangsstufe des Gymnasiums konzipiert wurde, werden die Schülerinnen und Schüler mit dem beschriebenen fiktiven Mordfall konfrontiert. Dieser wird ihnen zu Beginn des Unterrichts in Form eines Zeitungsartikels präsentiert. Der Gedanke, bei der Lösung des Falls behilflich sein zu können, dient im gesamten Unterrichtsverlauf der Motivation der Jugendlichen. Während sie der Problemfrage „Wie können Insekten Kriminalfälle lösen?“ nachgehen, lernen die Schüler/innen den Entwicklungszyklus der Schmeißfliegen und deren Bedeutung für die Eingrenzung der Todeszeit kennen. Anhand der Ergebnisse, die von den Schülerinnen und Schülern beim Lernen an Stationen unter Verwendung fachtypischer Arbeitsweisen (z.B. Umgang mit Lupe und Binokular) gewonnen werden, ermitteln sie das Alter der „am Tatort gefundenen“ Larven der Schmeißfliegenart Lucilia sericata. Diese gehört zu den ersten Leichenbesiedlern und legt innerhalb kurzer Zeit nach Todeseintritt ihre Eier auf dem Leichnam ab. Mit diesem Wissen, und unter Berücksichtigung der Temperaturabhängigkeit der Schmeißfliegenentwicklung, können die Schüler/innen auf den Todeszeitpunkt der Frau rückschließen. Unter Einbezug der Alibizeiten können sie den Täter überführen.

Durch den Einblick in die Arbeit eines forensischen Entomologen, den die konzipierte Unterrichtseinheit bietet, wird den Schülerinnen und Schülern bewusst, welche Ermittlungswege durch Insekten eröffnet werden können. Sie erkennen, dass ihr erlangtes Wissen aus den vorherigen Unterrichtsstunden zum Thema Insekten (Entwicklung, Atemsystem, Artenvielfalt etc.) auch außerhalb der Schule eine wichtige Anwendung findet. Auf diese Weise soll das Interesse der Jugendlichen für die Biologie gestärkt werden. Außerdem wird ihnen im Zusammenhang mit der Besiedlung einer Leiche die Bedeutung der Insekten im Nährstoffkreislauf näher gebracht.

Für den Unterricht werden konservierte Larven der Schmeißfliegenart Lucilia sericata benötigt. In der vorliegenden Arbeit wird die Vorgehensweise zur Aufzucht, die anhand eigener Erfahrungswerte optimiert wurde, und zur Konservierung dieser Larven geschildert. Vom Zeitpunkt des Kaufes der Tiere bis zum Erhalten der konservierten Larven müssen 4 – 5 Wochen eingeplant werden.

 

Literatur:

Amendt, J. (2007). Forensische Entomologie. In B. Herrmann & K.-S. Saternus (Eds.) Biologische Spurenkunde. Kriminalbiologie (221-244). Berlin, Heidelberg: Springer-Verlag.

Grassberger, M. & Schmid, H. (2009). Todesermittlung. Befundaufnahme & Spurensicherung. Ein praktischer Leitfaden für Polizei, Juristen und Ärzte. Wien: Springer-Verlag.