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Didactics of biology

LGBTQ*-spezifische Sexualerziehung in der 8.u.9. Jgst.: - Eine Unterrichtsstunde über sexuelle Orientierungen und Geschlechtsidentitäten, angelehnt an die Methoden LGBTQ*-spezifischer Aufklärungsprojekte (Kopie 1)

LGBTQ*-spezifische Sexualerziehung in der 8. & 9. Jahrgangsstufe

Eine Unterrichtsstunde über sexuelle Orientierungen und Geschlechtsidentitäten, angelehnt an die Methoden LGBTQ*- spezifischer Aufklärungsprojekte

Autor: Michael Bull

Betreuerin: Dr. Franziska Kubisch

2016 lösten die neuen Richtlinien zur Familien- und Sexualerziehung des bayerischen Kultusministeriums die seit 2002 geltende Vorgängerversion ab. Eine der größten Unterschiede findet sich in der deutlich stärkeren Inklusion von sexuellen Orientierungen wie Homo- oder Bisexualität, sowie eine Erweiterung des Themenbereichs Geschlechtsidentität um die Begriffe Transgender und Intersexualität (Bayerisches Staatsministerium, 2016). Dies kann als deutlicher Beweis einer zunehmend liberaleren Gesellschaft im Blick auf die sexuelle Vielfalt aufgefasst werden. Allerdings ist dieser gesellschaftliche Wandel in den Klassenzimmern noch nicht angekommen. Im Gegenteil: die Bereitschaft zu Homophobie hat unter Jugendlichen in den letzten Jahren leicht zugenommen (Pohl, 2008). Aktuelle Umfragewerte belegen, dass momentan mehr als die Hälfte aller Schüler_innen Homosexuellen gegenüber negativ eingestellt sind (Pohl, 2008). Dies hat für die von Ausgrenzung Betroffenen teils traumatische Folgen. So ist der Anteil an LGBTQ*- Schüler_innen mit psychischen Erkrankungen wie Depressionen im Vergleich zu gleichaltrigen Klassenkameraden dreimal so hoch (Biechele et al., 2000). Annähernd die Hälfte aller LGBTQ*-Schüler_innen haben bereits über Selbstmord nachgedacht, wobei beinahe 20% schon einen ernsthaften Versuch unternommen haben (Pohl, 2008). Die Suizidrate ist damit vier bis sieben Mal so hoch wie die ihrer Altersgenossen (Biechele et al., 2000). Homo- und Transphobie sind also durchaus vorhandene Probleme an bayerischen Schulen, gegen die dringend etwas unternommen werden muss.

Eine Möglichkeit, die diskriminierenden Tendenzen der Schüler_innen zu verringern, ist die Behandlung der LGBTQ*-Thematik im Unterricht. Obwohl Familien- und Sexualerziehung fächerübergreifend umzusetzen ist, fällt diese Aufgabe dennoch meist unter den Zuständigkeitsbereich der Biologie. Doch schon reguläre Sexualerziehung ist bei den meisten Lehrkräften unbeliebt, LGBTQ*- spezifische umso mehr. Hauptgründe hierfür sind eine simple Überforderung durch die Thematik bei gleichzeitiger Furcht vor den angenommenen Konsequenzen eines Scheiterns der Unterrichtsstunde vor der Klasse. Deshalb entscheiden sich viele Schulen, speziell ausgebildete externe Gastredner in ihre Klassenzimmer einzuladen. Die Teamer dieser sogenannten Schulprojekte sind selbst Teil der LGBTQ*-Community und führen mit den Klassen Workshops zum Thema sexuelle Vielfalt, Homophobie und den eng damit verbundenen Geschlechterstereotypen durch. Durch diesen persönlichen Kontakt mit Mitgliedern der Minderheit können homophobe Denkweisen der Schüler_innen nachweißlich deutlich vermindert werden (Timmermanns, 2003).

Da jedoch nicht jede Schule Zugang zu einem dieser Schulprojekte besitzt, ist es eines der Hauptziele dieser Zulassungsarbeit, Lehrkräften dennoch mit in der Praxis bewährten Möglichkeiten zur LGBTQ*-Aufklärungsarbeit auszustatten. Dafür wurden mehrere Methoden, die sich in mehr als zwei Jahren persönlicher Erfahrung im Halten von LGBTQ*-Workshops als effektiv erwiesen haben, für den Unterricht umgeformt und in eine Unterrichtsstunde eingebettet. Zusätzlich wurde neben der eigentlichen Schwerpunktstunde eine Vielzahl an Hinweisen zur Umsetzung der Unterrichtseinheit hinzugefügt, um der Lehrkraft ein möglichst flexibles Eingehen auf die individuellen Interessen und Wissensstände der Klassen zu ermöglichen.